Knieprobleme & Kniebeschwerden sind ein häufiger und echt lästiger Begleiter im Sport. Deshalb und weil viele Athleten unter Knieschmerzen leiden, soll sich diese Abhandlung ganz auf Probleme im Bereich des Kniegelenks konzentrieren.

Die meisten Eisensportler bekommen früher oder später einmal Schmerzen bei Kniebeugen, beim Joggen oder Sprungtraining im betreffenden Gelenk. Bei vielen Kollegen verschwindet die Problematik so schnell wie sie kam, bei manchen aber steht sie kurz vor einer Chronifizierung.

Ursachen und Krankheitsbilder gibt es viele, deshalb picken wir uns direkt die häufigsten und bekanntesten Überlastungserscheinungen und Verletzungen heraus und gehen auf ihre Behandlung ein.

Auch hier wieder der Hinweis: Der Artikel ersetzt keinen Arztbesuch, kann aber bei vorhandener Diagnose als zusätzlicher Leitfaden zur unterstützenden Therapie angesehen werden. Der Umfang mag den ein oder anderen Leser vielleicht erschrecken, darum empfiehlt es sich eher jene Absätze zu lesen, die einen auch selbst betreffen. Gut das wir ein Inhaltsverzeichnis haben!

Aufbau des Kniegelenks

Kniebeschwerden Vorbeuge und BeseitigungDas Kniegelenk (art. genus) ist das größte Gelenk des menschlichen Körpers und wird durch den Oberschenkelknochen (femur), das Schienbein (tibia) und der Patella – Kniescheibe gebildet. Es besteht aus 2 Teilgelenken: dem Kniescheiben-Schenkelbeingelenk (art. femorpatellaris) und dem Gelenk zwischen Oberschenkelknochen und Schienbein (art. tibiofemoralis).

Seitlich schützen Außenbänder vor Achsenabweichungen in X- und O-Beinstellung, ist eines der beiden Bänder gerissen, lässt sich das Kniegelenk zur betroffenen Seite „aufklappen“. Auf der Vorder- und Rückseite schützen die Kreuzbänder vor Rotations- und Scherkräften (dem unphysiologischen Gleiten auf dem Schienbeinplateu).

Zwischen den Verdickungen des Oberschenkels und Scheinbeins (sog. Condylen) liegen 2 Knorpelscheiben, die Menisken. Diese halbmondförmigen Gebilde haben die Aufgabe die starke Inkongruenz der Gelenkflächen auszugleichen, daraus folgend eine bessere Kraft- und Druckverteilung zu gewährleisten und ähnlich der Bandscheibenfunktion als Puffer zu dienen. Das Kniegelenk ermöglicht 2 Bewegungen, die prominentesten: Beugung und Streckung, aber auch eine geringfügige Rotation des Unterschenkels – diese jedoch nur in Beugestellung bei etwa 90°.

Ursachen und Behandlung von Knieproblemen

Hauptursachen für Knieprobleme und Kniebeschwerden sind zumeist sportbezogene Überlastungen und antrainierte, erworbene Dysbalancen, welche gewisse Fehlstellungen begünstigen. Hierbei verkürzen relevante Muskeln im Bereich des Oberschenkel-Beckenbereiches durch Spannungserhöhungen bzw. gestörte Ansteuerung über das Nervensystem. Die Folge sind Statikveränderungen welche schon im Bereich des Fußgewölbes ihren Ursprung haben und somit auch die Stellung folgender Gelenke verändern.

Folgende Zeilen heben die wichtigsten und häufigsten Problematiken hervor und definieren kurz die Symptome sowie Ursachen. Hinzufügend werden Therapieansätze, Beachtepunkte und sinnvolle Übungen vorgestellt. An dieser Stelle ein Hinweis: für auftretende Schäden oder Verletzungen übernehme ich keinerlei Haftung, empfohlene Maßnahmen sollen therapieunterstützend wirken und ersetzen keine vor-Ort-Diagnose.

Das Patellaspitzensyndrom – PSS (chondropathie patellae)

Auch unter dem Namen jumpers knee – zu dt. Springer-Knie bekannt, ist diese Form der Überlastungserscheinungen relativ häufig im Sport und vor allem in jüngeren Jahren (2.-3. Dekade) anzutreffen. Das Patellaspitzensyndrom ist gekennzeichnet durch ein Missverhältnis zwischen Belastbarkeit des Knorpels auf der Kniescheibenrückseite und einwirkenden Belastungen. Hierbei kommt es u.a. am Oberrand der Kniescheibe zu Reizzuständen am Sehnengewebe. Die Ursachen sind multifaktoriell, sportliche oder durch temporär intensive Arbeitsaufgaben bedingte Überlastungen, Abschwächungen des Oberschenkelstreckers (m. quadriceps femoris), Achsenfehlstellungen, aber auch anlagebedingte ungünstige Formen der Kniescheibe (z.B. Jägerhutpatella) kommen daher u.a. infrage.

Symptomatisch äußerst sich das PSS durch Schmerzen auf der Knievorderseite im Kniescheibenbereich, hauptsächlich beim Treppabsteigen, Bergabgehen, längerem Sitzen (deshalb die altertümliche Bezeichnung „Theaterknie“) und in Bezug zum Sport bei tiefen Kniebeugen (spitzen Kniewinkeln) oder verschiedenen Sprüngen und Sprungformen. Des Weiteren ist oft eine lateralisierte, d.h. nach außen verschobene Kniescheibe in Verbindung mit abgeschwächtem vastus medialis zu beobachten. Auch treten Schmerzen während der manuellen Verschiebung der Patella unter Kompression auf (Verschiebeschmerz). Eine nicht behandelte, chronifizierte chondropathia patellae führt zu vorzeitiger retropatellarer Arthrose – einem degenerativen Knorpelabrieb der Kniescheibenrückseite.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die Chondromalazie Patellae (Erweichung des Knorpelgewebes) und der Morbus Sinding-Larsen-Johansson zwar ähnliche Symptome aufweisen, allerdings andere Ursachen haben und wesentlich seltener vorkommen. Um den Rahmen nicht zu sprengen, werden diese beiden pathologischen Veränderungen nicht behandelt.

Behandlung des PSS

Neben bis zu 3x täglichen Eisapplikationen zu je 15 Minuten und Schonung im Akutstadium, kann man durch die Kräftigung der kniegelenksumgebenden Muskeln in Verbindung mit Dehnung funktionell und nerval² verkürzter Strukturen für Entlastung und Stabilisierung sorgen. Insbesondere der Vastus Medialis (mittig gelegener Quadricepsanteil) und die Ischiocrurale Muskulatur (Hamstrings) sollten besondere Kräftigung durch dynamische und statische Übungen erfahren. Ein Dehnen von Hüft- und Kniebeuger ist ebenso sinnvoll und sollte bestenfalls täglich erfolgen. Der Stretch des Quadriceps (Beinstrecker) mindert zusätzlich den Zug auf die Patellasehne und folgend den Anpressdruck. Zunächst gilt es spitzen Kniewinkeln, Dauerbeugung (durch langes sitzen) und schmerzauslösende Aktionen wie bestimmte Übungen und Sprünge zu vermeiden.

Kniebeugen sind auch in der Anfangsphase nicht völlig unmöglich, lediglich die ROM (Umfang der Bewegung) sollte insofern eingeschränkt werden, das der Kniewinkel keine verstärkte Kompressionswirkung der Kniescheibe provoziert. Halbe Beugen mit reduzierten Gewichten sind daher wie auch Ausfallschritte und Beinbeuger, sowie -Strecker möglich, zu letzterem empfiehlt sich allerdings eher die Vasti-betonte Ausführung (weiter unten erklärt).

Stichpunkte

  • Eis 3x täglich à 15 Minuten (in Akutphasen)
  • spitze Kniewinkel, langes Sitzen meiden
  • möglichst nicht lange auf den Knien arbeiten
  • Foam Rolling kompletter Oberschenkelbereich
  • ROM (Bewegungsumfang) von Kniebeuge und Co. etwas kürzen, Gewicht ggf. reduzieren
  • kniegelenksumgebende Muskeln ausbalanciert auftrainieren = > bulgarische Kniebeuge
  • Hüft- und Kniebeuger sowie Beinstrecker dehnen
  • Sprunggelenk mobilisieren
  • kräftigende Fußgymnastik
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Ilio-tibiales Bandsyndrom (ITBS) – das Läuferknie

Auch als Tractussyndrom bekannt, ist dies eine der häufigsten Ursachen für Schmerzen am äußeren Rand des Kniegelenks. Ursache für den Schmerz im Knie ist die Sehne des sog. tractus iliotibialis – ein sehnenartiger Faserzug, der verschiedenen Muskeln auf der Außenseite des Oberschenkels als Ansatzstelle dient und mit ihnen die Fascia Latae – eine Bindegewebshülle – spannt. Der tractus zieht auf der Außenseite über den Kniegelenkspalt und die Gelenksvorwölbung (Epicondylus) des Oberschenkelknochens zur Außenseite des Schienbeines, genau dort reibt die Sehne über die hervorstehenden Knochenwülste und sorgt dadurch für lokale Reizungen an Schleimbeutel, Knochenhaut und Sehne, welche Schmerzen und Funktionseinschränkungen, vor allem beim längeren laufen hervorrufen.

Ein genu3 varum – die O-Beinstellung, Abschwächungen der Fußmuskulatur mit Statikveränderungen des Sprunggelenks und Fußgewölbes, Insuffizienzen4 der Hüftstabilisatoren (gluteus medius und maximus, m.tensor fascia latae), Beinlängendifferenzen und damit verbundene funktionelle Dysbalancen mit Spannungserhöhungen können u.a. als Ursachen infrage kommen.

Nice to know: Eine Differenzierung von Meniskusproblemen (hier der erhöhte Druck oder Zug auf den äußeren) die ähnliche Symptome verursachen können, ist nicht immer einfach.

Behandlungsmöglichkeiten

Auch hier empfiehlt sich in der Akutphase eine Eisapplikation von 3x täglich 15 Minuten auf erwärmte und schmerzende Stellen im Bereich des Kniegelenks. Je nach Ursächlichkeit ist ein ausgewogenes Auftrainieren der gesamten Gesäßmuskulatur (vor allem dem Gluteus medius), Knie-, Hüftbeuger, sowie der Ab- und Adduktoren ratsam.

Im weiteren Verlauf gilt es die erhöhte Spannung des tractus und einfliessenden Muskeln wie dem tensor fasciae latae durch Wärme, Massage- und Dehnbehandlungen zu senken. Ist die Varusstellung (O-Bein) des Kniegelenks Hauptursache, sollte diese zusätzlich mit orthopädischen Schuheinlagen und ergänzender Fußgymnastik kompensiert werden.

Stichpunkte

  • Eis 3x täglich à 15 Minuten (in Akutphasen)
  • Gesäßmuskulatur, primär Gluteus medius auftrainieren
  • Foam Rolling der Oberschenkelaußenseite (TFL)
  • von Laufband/Jogging auf gleitende Bewegungen wie dem Fahrradergometer oder Rudergerät umsteigen
  • kniegelenksumgebende Muskeln ausbalanciert auftrainieren
  • u.a. Hüft-Kniebeuger, Beinstrecker, tensor fasciae latae dehnen
  • Spannung der äußeren Oberschenkelmuskulatur durch Wärme (Salbe, Feuchtwärme), Massagen und Dehnroutinen senken
  • bei starker O-Beinstellung Einlagen beim Orthopäden beantragen
  • Sprunggelenk mobilisieren
  • kräftigende Fußgymnastik

Retropatellararthrose / Femorpatellararthrose

Bezeichnet die Arthrose hinter (retro) der Kniescheibe (Patella), welche sich primär im Oberschenkel-Kniescheibengelenk, also dem Raum zwischen Patella und eigentlichem Kniegelenk abspielt. Die Rückseite der Kniescheibe ist mit Gelenkknorpel überzogen, der sich durch Beinachsenabweichungen, Fehl- und Überbelastungen (siehe Patellaspitzensyndrom), aber auch genetisch bedingten ungünstigen Formen der Kniescheibe abnutzen kann. Die Retropatellararthrose ist zwar wesentlich seltener als beispielsweise das Patellaspitzensyndrom, kommt jedoch häufig genug und im mittleren Alter eher vor als die übliche Gonarthrose (Kniegelenksarthrose) und kann wie bereits erwähnt auch Folge eines nicht behandelten PSS sein.

Häufiges und langes Arbeiten auf den Knien, wie es bei Fliessenlegern vorkommen kann, drückt die Kniescheibe gegen Oberschenkel und Schienbein, eine Minderversorgung durch die anliegende Kompression und verstärkte mechanische Beanspruchung des innenliegenden Knorpelüberzuges sorgt zunächst oft für akute lokale Entzündungszeichen, dass Knie fühlt sich dick, geschwollen und warm an. Werden die passiven Strukturen nicht entlastet, setzt eine zunehmende, schmerzhafte und irreversible5 Degeneration des Knorpelgewebes ein.

Nice to know: die Retropatellararthrose wird im Sprachgebrauch auch häufig als Fliessenlegerknie bezeichnet, eine mittlerweile anerkannte Berufserkrankung wie bspw. die Schulterarthrose des Malers.

Behandlung der Retropatellararthrose

Wie bei allen akuten Kniebeschwerden macht auch hier die physikalische Eisbehandlung im Anfangs- bzw. erwähnten Akutstadium Sinn, später kann man je nach Verträglichkeit auch mit Wärme zur Stoffwechselanregung arbeiten. Hauptziele sind hier: Mobilisation, Kräftigung und dadurch erreichbare Entlastung sowie eine Stoffwechselanregung relevanter Strukturen.

Entlastung erreichen wir durch Dehnung von Hüft- und Beinbeuger sowie Beinstrecker, auch die Mobilisierung angrenzender Strukturen wie dem Sprunggelenk durch Dehnung der 2 Wadenmuskeln (Schollenmuskel, Zwillingswadenmuskel) bei gebeugtem und gestrecktem Kniegelenk ist günstig. Die meist eingeschränkte Rotation im Knie verbessern wir bspw. durch die Übung „Scheibenwischer“, den Stoffwechsel bzw. die Durchblutung können wir schonend über ein Fahrradergometertraining bei gleitender Bewegung anregen. Und genauso wichtig ist letztendlich die komplexe und ausgewogene Kräftigung der kniegelenksumgebenden Muskulatur.

(Da die Gonarthrose an sich oftmals erst im höheren Alter auftritt, wird sie nicht separat behandelt. Die hier aufgezeigten Hinweise und Tipps können aber auch bei üblicher Kniearthrose verwendet werden und sind größtenteils äquivalent.)

Stichpunkte

  • Eis 3x täglich à 15 Minuten, später mit Wärme experimentieren (in Akutphasen)
  • gleitende Bewegungen wie Fahrradergometer oder Rudergerät ins Training aufnehmen
  • kniegelenksumgebende Muskeln ausbalanciert auftrainieren
  • u.a. Hüft- und Beinbeuger, Beinstrecker und Wadenmuskulatur dehnen
  • auch hier spitze Kniewinkel und langes Sitzen meiden
  • Rotation im Knie verbessern – „Scheibenwischer“
  • vastus medialis gezielt trainieren
  • Sprunggelenk mobilisieren
  • kräftigende Fußgymnastik

Achsenabweichungen: genu varum – genu valgum

Bereits an manchen Stellen angesprochen, handelt es sich hierbei um beid- oder einseitige Achsenabweichungen im Kniegelenk, bei dem entweder die Abknickung nach außen – dem genu varum (O-Bein) oder innen – genu valgum (X-Bein) entsteht. Angeborene Fehlstellungen der Hüfte (Hüftdysplasie), Beinlängendifferenzen, der Mb.6 Blount (Wachstumsdeformität des Unterschenkelkopfs), muskuläre-funktionelle oder durch bestimmte Fehlhaltungen erworbene Verkürzungen und Dysbalancen sowie Fußdeformitäten können Ursachen sein.

Abweichungen der Beinachse in varus (O-Bein)Stellung begünstigen wie schon an früherer Stelle erwähnt das ITB-Syndrom und führen durch eine verstärkte Lateralisierung der Kniescheibe (Verschiebung nach außen) zu unphysiologischen Belastungen der Menisken, sowie dem Femor-Patellargelenk, was wiederum ein Patellaspitzensyndrom, sowie die vorzeitige Degeneration des Knorpels begünstigen kann. Eine stark ausgeprägte Beinachsenabweichung gehört in orthopädische Behandlung und erfordert neben Schuheinlagen die Therapie und Befundung beim Physiotherapeuten, wobei solch eine Fehlstellung in den meisten Fällen bereits im Kindesalter erkannt und behandelt wird.

Warum das alles und wie kriege ich jetzt am besten die Kurve? Zum einen der Vollständigkeit und dem Verständnis halber, zum anderen, da Achsenabweichungen oftmals mit den prominentesten Kniebeschwerden zusammenhängen können und bereits geringfügige, auf den ersten (ungeübten) Blick kaum wahrnehmbare Abknickungen zu ungleichmäßigen Belastungen führen und auf lange, unbehandelte Sicht Probleme verursachen. Direkte Übungen und Behandlungstipps gebe ich in diesem Fall nicht, da vorhandene Informationen und Routinen, sofern richtig angewendet, bereits einiges kompensieren. Der behandelnde Arzt und/oder Physiotherapeut sollte zudem erkennen, ob eine Abweichung besteht und diese überhaupt relevant bzw. behandlungspflichtig ist. Maßgeblich zur Behandlung tragen im Erwachsenenalter Schuheinlagen, die Dehnung sowie Kräftigung u.a. der Ab- oder Adduktoren und eine komplexe, kräftigende Fußgymnastik bei.

Nice to know: Fußballer entwickeln oft O-Beine, da die einseitige Krafteinwirkung primär die innere Muskulatur des Beines entwickelt, hierbei kommt es daher nicht selten zu funktionellen Verkürzungen, welche wiederum die typische Varusstellung des Kniegelenks begünstigt.

Beschwerdebilder der Menisken und Bandverletzungen

Beides nun in einem Abwasch, da beide Problematiken im günstigen Fall einer Schonung mit anschließendem moderaten, rehabilitativem Training und schlimmstenfalls Operationen bedürfen. Meniscopathien, also krankhafte Veränderungen, Degeneration oder Verletzungen der ins Knie integrierten Knorpelscheiben finden sich sehr häufig bei Manschaftssportarten, da es hier oftmals zu abrupten Richtungswechseln kommt und der Unterschenkel gern mal stehenbleibt, wenn sich der Rest des Körpers bereits wegdreht.

In unserem Eisensport ist der Verschleiß des Meniskusgewebes eher anzutreffen, da die Knorpelscheiben durch den hohen mechanischen Druck bspw. der Kniebeuge quasi ausgewalzt werden und die Höhe dieser Puffer (ähnlich den Bandscheiben) allmählich abnimmt. Diese Degeneration führt nicht selten zu Teil- oder gar kompletten Rissen, welche vor allem bei aktiven Sportlern operativ (Arthroskopie – Meniskusnaht) versorgt wird. Die hier folgenden Übungen können unterstützend verwendet werden, forcierte Rotationen sind jedoch zunächst kontraindiziert, da diese erneuten Stress auf das Knorpelgewebe bringen. Die Kräftigung der kompletten Oberschenkelmuskulatur, sowie angrenzenden Gelenke, inklusive dosierter Mobilisation ist jedoch in Absprache mit dem behandelndem Arzt/Physio möglich und sinnvoll.

Und was machen wir jetzt mit verletzten Bändern? Am häufigsten betroffen sind das vordere Kreuzband und das innere Seitenband, auch hier lösen Verdrehungen und ruckhafte Start and Go-Bewegungen bzw. Sportarten leichte Überdehnungen, stärkere Zerrungen bis hin zum Bandriss aus. Letzterer muss in den meisten Fällen vernäht werden, da die muskuläre Sicherung, vor allem beim Seitenbandriss allein nicht genügt. Eine Kräftigung im Rehab/Prehab-Stil hilft der Genesung, stabilisiert und trainiert durch koordinative Aspekte (z.B. unilaterales Beintraining) kleinere, essenzielle Muskeln gleichmäßig auf.

Nice to know: Schädigungen des Innenmeniskus sind wesentlich häufiger, da dieser zwar ca. 1/3 weniger Gewicht kompensiert als sein Kollege, er aber mit der Gelenkkapsel verwachsen ist. Diese Tatsache verleiht ihm weniger Bewegungsfreiheit, sodass es hier bei Rotationsbewegungen eher zu Läsionen7 oder Rupturen8 kommen kann.

Beinstrecker bei Knieproblemen – ja oder nein?

Grundsätzlich ist keine Übung von Natur aus schädlich, Faktoren wie mangelhaft eingestellte Geräte, unzureichend ausgebildete stabilisierende Muskulatur, defizite in der Beweglichkeit, Übertreibung im Arbeitsgewicht und Unachtsamkeiten in der Ausführung erhöhen erst das Schädigungspotential. Der Beinstrecker bringt vor allem in der oberen Position erhebliche Scherkräfte aufs Gelenk, ein richtig eingestellter Exzenter, welcher die Belastung relativ physiologisch gestaltet und die höchste Last auch da anbringt, wo sie ökonomisch entwickelt werden kann, bietet sich an.

Kreuzbandbeschwerden (Läsion/Ruptur) sind zunächst eine klare Kontraindikation. Eine auch bei gröberen Kniebeschwerden mögliche Ausführungsvariante ist aber die der muskulären Sicherung, ich nenne sie auch gern Vasti-Methode, da der mittlere Teil des Kniestreckers (rectus femoris) antagonistisch (also vom Gegenspieler) gehemmt wird. Man beuge den Oberkörper bei der Ausführung am Beinstrecker weit vor, die volle Bewegung wird nun eingeschränkt, das Gelenk wird verriegelt, Scherkräfte minimiert und die beiden Hüftbeuger (iliopsoas, rectus femoris) wie erwähnt gehemmt, da die Beinbeuger nun unter extremen Zug stehen und das Knie nun ideal von beiden Seiten stabilisiert wird.

Dies kann man auch selbst nachvollziehen, indem man sich auf einem Stuhl sehr weit vorlehnt und dabei versucht die Unterschenkel zu strecken, Bewegung eingeschränkt und jetzt mal die Hamstrings tasten – volle Spannung. (Diskussion über den Beinstrecker bei Kniebeschwerden in unserem Forum)

Kräftigung der kniegelenksumgebenden und anderer relevanter Muskeln

Bulgarische einbein-Beuge – Bulgarian Split Squats

Vorteil dieser unilateralen Beinübung ist eindeutig die erhöhte Belastung des gluteus medius der das Standbein ordentlich stabilisieren muss, des Weiteren ist die koordinative Anforderung um einiges höher als bei handelsüblichen Kniebeugen, dadurch kräftigt diese Übung die kniegelenksumgebende Muskulatur ideal. Die Belastung lässt sich besser dosieren ohne schnell zu überlasten.

Zunächst ohne Gewicht ausführen und eher Ausführungsqualität und Wiederholungen steigern. Bei vernünftiger Technik kann man bei der Bulgarischen Kniebeuge entweder die Bewegung erhöhen (Standbein auf eine Erhöhung – kleine Box, breiter Ziegelstein, höheres Holzbrett), was wiederum einen erhöhten Schwierigkeitsgrad birgt, oder Zusatzgewicht (2 Hanteln, Rucksack mit Gewicht, Gewichtsweste, Langhantel im Nacken) hinzufügen.

X-Band Walk

Kräftigt neben den Abduktoren auch den kompletten Gesäßanteil, was zusätzlich die Hüfte stabilisiert und das Becken aufrichtet. Die Ausführung Über-Kopf involviert die Rumpfmuskulatur zusätzlich. 3-4 Sätze à 10-15 Wdh. nach dem Beintraining oder separat 3-4x pro Woche erscheinen passend. Tubes und Therabänder eignen sich zu Beginn, da sie im Vergleich zum Deuserband einen geringeren Widerstand aufweisen. Nicht nur, aber in diesem Fall für X-Band Walks möglich empfehlen wir folgende Produkte:

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Statische Hüftstabi + Adduktorentraining


Bei Meniskusproblemen oder Schmerzen bei der gezeigten Ausführung auch mit kurzem Hebel (oberes Kniegelenk liegt auf) z.B. auf einer erhöhten Trainingsbank möglich. Knöchelgewichte, ein Tube wie im Video zu sehen und die Erhöhung des Arbeitsweges (ROM) sind Beispiele zur Progression. Positiver Nebeneffekt ist die relativ starke Beanspruchung der seitlichen Rumpfmuskeln.

Funktionelle Beanspruchung vers. Adduktoren


Diese mit Rotation versehenen Diagonalen trainieren unterschiedliche Anteile bzw. Muskel der Adduktorengruppe, aber auch Gesäßmuskulatur. Eine solche Routine muss nicht fest im Reha/Präventionsplan integriert werden, sie ab und zu durchzuführen kann sich jedoch aus koordinativen Gründen lohnen.

Gluteus – Hamstring Kräftigung


Involviert neben dem Beinbeuger und der Gesäßmuskulatur auch den Rumpf als stabilisierenden Part. Diese Übung kann bei Retropatellararthrose oder dem PSS eine Kontraindikation darstellen, sollten hier Schmerzen auftreten, empfiehlt sich die nächste aufgezeigte Übung (Glute-Ham Raise).

Gut untergepolstert kann man hier zunächst in Bewegungsumfang und Volumen steigern, bevor man den Widerstand z.B. mittels Therabänder/Tubes, einer Gewichtsweste  oder einem auf den Rücken hochgezogenen Rucksack mit Zusatzgewicht erhöht.

Glute Ham Raise

Komplexe/Koordinative Kräftigung

Kräftigung der Fuß und Unterschenkelmuskulatur

Mobilisierung angrenzender und relevanter Strukturen

Kniestreckung forcieren


Wie im Video beschrieben und aufgezeigt gibt man dem am Wadenmuskelansatz erhöhten Bein kurz über der Kniescheibe Druck in die Streckung. Diese Mobilisierung eignet sich vor allem beim Patellaspitzensyndrom und der Retropatellararthrose, um den Anpressdruck auch in Neutralstellung sowie im Alltag zu verringern und die passiven Strukturen somit zu entlasten.

Sprunggelenks- und Hüftmobi

Neben den gezeigten Drills für das Hüftgelenk bietet sich vor allem die letzte Mobilisierung des Sprunggelenks am Fußballtor an, diesen bestenfalls täglich mit einem Pfosten, Stab im Einbeinkniestand oder per Ausfallschritt an einer Wand ausführen.

Knee Rolls

Mobilisiert neben dem Hüftgelenk auch das Knie, da die Bewegung zusätzliche Rotationskomponenten aufs Gelenk bringt. Akute Meniskusschäden sind zusammen mit während der Übung anhaltenden Schmerzen eindeutige Kontraindikationen.

Scheibenwischer – Verbesserung der Knierotation
Ausgangsposition: auf einem Stuhl sitzend, 90° Beugung im Knie, Oberkörper leicht vorgebeugt, die Hände stabilisieren außen das zu übende Knie. Barfuß oder mit Socken steht der Fuß mit der Ferse auf einem Handtuch (Untergrund bestenfalls glatt: Fließe, Parkett, Laminat), der Vorfuß ist hochgezogen. Nun dreht die Ferse nach außen und innen, ähnlich einem Scheibenwischer in die Rotation des Unterschenkels, der Vorfuß schwenkt dabei also nach links und rechts. Nicht endgradig arbeiten und bei Schmerzen abbrechen und den Arzt darüber informieren.

Dehnung relevanter Muskeln

Quadriceps – Beinstrecker Dehnung

Falls die Beweglichkeit im Schulter- oder Kniegelenk nicht ausreicht, um das Sprunggelenk rücklings zu greifen, kann man sich der Hilfe eines Handtuchs bedienen. Ziel sollte es allerdings sein, irgendwann auf dieses Hilfsmittel zu verzichten und den Beinstrecker wie im Video dehnen zu können. Pro Bein 3-4 Sätze à 40-60 Sekunden.

Den Muskel stehend zu dehnen macht weniger Sinn, da er sich dabei nicht völlig entspannt – das Standbein steht unter Spannung, welche sich aufs andere überträgt, daher empfehlen sich Dehnübungen für die untere Extremität immer im Liegen bei völliger Entspannung des target muscle.

Hamstring (Beinbeuger) Dehnung

Piriformis – Gluteal Dehnung

Bietet sich bei diversen Problematiken des Kniegelenks an, vor allem entlastet es den Tractus auf der Außenseite des Oberschenkels beim Iliotibial-Band-Syndrom.

Tractus-ITBS Dehnung

Prehab-Rehab Routinen

Allgemeine Tipps:

  • öfters barfuß laufen oder z.B. Barfußschuhe  tragen
  • Unterkörper vor dem Training immer gut erwärmen
  • Brustschwimmen und Skifahren vermeiden/einschränken
  • kräftigende Fußgymnastik mindestens 3x / Woche durchführen (5 Minuten genügen)
  • Mobility Drills und Dehnungen in den Alltag einbinden
  • Fahrrad statt Auto für Kurzstrecken
  • Treppenhoch zu Fuß – Treppab Fahrstuhl (sofern möglich)
  • auf gut sitzendes, passendes und dämpfendes Schuhwerk achten

Zusatztipp Mobilisierung & Beweglichkeit

Im Buch „werde wie ein geschmeidiger Leopard“ von Kelly Starlett finden sich zusätzlich zu den hier gezeigten Übungen, viele weitere Möglichkeiten um das Sprunggelenk, die Knie und Hüfte zu mobilisieren. Ein Buch, das nicht nur für Therapeuten Sinn macht, sondern auch dem ambitionierten Sportler zu mehr Beweglichkeit und weniger Schmerzen im gesamten Körper verhilft.

Werde ein geschmeidiger Leopard – aktualisierte...
  • Werde ein geschmeidiger Leopard – aktualisierte und erweiterte Ausgabe: Die sportliche Leistung...
  • Starrett, Kelly (Autor)

Schlusswort
Ich gebe bewusst keine festen Routinen vor, man sollte von jedem etwas verwenden und alles einmal ausprobieren. Für jedes Problem gibt es passende Übungen und Maßnahmen, grobe Beispiele was man machen kann, findet man unter den Problemen an sich. Grundsätzlich können Dehn- und Mobilisierungsübungen täglich erfolgen. Gute Besserung an alle Schmerzgeplagten in der Hoffnung das der ein oder andere Tipp auf fruchtbaren Boden fällt und sich bestimmte Probleme eindämmen lassen.

Glossar
1 degenerativ – abnutzungs-, verschleißbedingt
2 nerval – die Nerven betreffend
3 genu – bezieht sich aufs Kniegelenk
4 Insuffizienz – Abschwächung, geminderte Funktion
5 irreversibel – nicht rückführbar
6 Mb. – Morbus, die lateinische Bezeichnung für Krankheit
7 Läsion – Verletzung, Störung, Verwundung
8 Ruptur – Riss

Quellen/Literatur
[1] Taschenatlas Anatomie, Werner Platzer, 9. Auflage, Thieme-Verlag[2] Orthopädie – Frank H. Netter – Thieme Verlag 2001[3] Kompaktlehrbuch Orthopädie – Wolf Arnold – Ullstein Medical 1999[4] Physiotherapie in der Orthopädie – Antje Hüter-Becker / Mechthild Dölken – Thieme Verlag 2005[5] Leistungsphysiologie – Tomasits Haber – Springer Verlag 3. Auflage[6] Bildquelle: http://www.bartleby.com


Photo by Anastase Maragos on Unsplash

Zuletzt aktualisiert am 22.11.2022

Letzte Aktualisierung am 20.04.2024 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API