Leider muss man es immer noch in vielen Fitness-Gruppen und Foren lesen: Frauen, die Kraftsport betreiben, wird oft gesagt, sie sollen nicht zu schwer trainieren, denn schweres Training für Frauen könnte sie sonst zu muskulös und maskulin (oder einfach nur zu stark für den durchschnittlichen Diskopumper?) machen. Dabei gibt es viele Gründe, die dafür sprechen, dass auch Frauen schwer trainieren sollten:

  • Krafttraining verbrennt Kalorien und hilft somit bei dem, was wohl die meisten Frauen dazu bewegt, Sport zu treiben: beim Körperfett reduzieren und Formen des Körpers
  • Training fördert das Wohlbefinden. Man ist ausgeglichener im Alltag, es verbessert sich die allgemeine Lebensqualität (Schlafverhalten, Konzentration etc.) und es fördert außerdem das Selbstbewusstsein, denn stark zu sein, fühlt sich gut an
  • Krafttraining ist gesund. Es fördert die Haltung und beugt somit einem Haltungsfehler sowie daraus resultierenden Problemen vor, stärkt das Immunsystem, hilft, den Blutzuckerspiegel zu senken und beugt Osteoporose vor – um nur einige Vorteile zu benennen.


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Wie fängt man als Frau am besten mit Krafttraining an?

Hier gibt es für Mann wie Frau nur eine Antwort: Grundübungen. Kniebeuge, Bankdrücken und Kreuzheben, viel mehr benötigen wir zu Beginn nicht. Der Vorteil dieser Übungen ist, dass sie den ganzen Körper trainieren und so die Ausschüttung anaboler Hormone (keine Angst, Mädels, dies ist bei uns immer noch wesentlich niedriger als bei Männern) stimulieren, welche maßgeblich für den Muskelaufbau verantwortlich sind. Es werden mehrere Muskeln in einer Übung belastet. Besonders Kniebeuge und Kreuzheben stärken die Rumpfmuskulatur, was uns auch bei alltäglichen Bewegungen zugute kommt. Unsere Kraft, Koordination und Beweglichkeit steigert sich enorm.

Ein Vorteil, der weiterhin noch zu erwähnen ist, ist die Zeitersparnis, die ein schweres Training aus den Grundübungen mit sich bringt. Während bei einem Ganzkörperplan schon drei Trainingseinheiten pro Woche zielführend sind, benötigt man beispielsweise bei einem 3er Split für die ideale Frequenz der Muskelreizung sechs Trainingstage.

Der Nachteil: Grundübungen sind recht komplex und schwer zu erlernen. Gerade bei Trainierenden, die zur Selbstüberschätzung neigen und das Ego nicht zu Hause lassen können, kann dies zu Verletzungen führen.

Für wen eignen sich Grundübungen?

Bodybuilder? Powerlifter?
Die Antwort lautet: für jeden. Egal, ob man nun besonders muskulös und definiert oder einfach nur super stark werden will, die „großen Drei“ lohnen sich für alle. Durch die Aktivierung des Nervensystems und die Schulung der Koordination, die beim Training schwerer Grundübungen erfolgt, profitieren auch Isolationsübungen kleinerer Muskeln, die man im fortgeschritteneren Stadium seinem Trainingsplan hinzufügt, um das jeweilige Ziel zu erreichen.

Arnold Schwarzenegger, der eigentlich als Powerlifter seine Trainingskarriere begann, sagte, dass schwere Grundübungen das Fundament seiner Muskelmasse und somit auch seiner Bodybuilder-Karriere waren. Man kann also kurzum sagen, dass die Grundlage egal bei welchem Ziel die gleiche ist: ein Ganzkörperplan, der vornehmlich die Grundübungen beinhaltet und auf Progression ausgelegt ist, also darauf, die Kraftwerte (bei sauberer Technik) so linear wie möglich zu steigern. Hat man ein gewisses Kraftniveau erreicht, bieten sich je nach Ziel verschiedene Splits an, aber auch als fortgeschrittener Athlet ist ein Ganzkörperplan durchaus noch zu empfehlen, je nach persönlicher Zielsetzung.

Bodybuilding vs. Powerlifting – wo liegt der Unterschied

Über diesen Abschnitt könnte ich einen eigenen Artikel schreiben, da das Thema sehr umfangreich ist. Ich versuche aber, mich kurz zu fassen. Beim Bodybuilding geht es um die Gestaltung und Formung des Körpers mithilfe der Muskulatur durch Krafttraining. Für die, denen das Sixpack im Sommer am Strand oder Badesee nicht genug ist, gibt es mittlerweile zahlreiche Möglichkeiten, sich in den verschiedensten Klassen auf kleinen oder großen Wettkämpfen mit anderen zu messen und die Ästhetik ihres trainierten Körpers bewerten zu lassen. Wer sich für das Bodybuilding entscheidet, wird früher oder später auf einen Split wechseln und seinem Training mehrere Isolationsübungen und somit mehr Volumen hinzufügen, um auch kleinere Muskeln der eigenen optischen Zielsetzungen entsprechend zu reizen und zu formen. Als natural trainierender Athlet ist man hier mit einem 2er oder 3er Split gut beraten.

Im Powerlifting bzw. Kraftdreikampf geht es vor allem darum, in den drei Disziplinen Kniebeugen, Bankdrücken und Kreuzheben möglichst stark zu werden. Demzufolge geht es auf Wettkämpfen nicht um die Optik, also wie beim Bodybuilding um einen möglichst geringen Körperfettanteil, sondern darum, die größtmögliche Last in Relation zum Körpergewicht zu bewegen. Hierbei bietet es sich jedoch auch an, nicht komplett zu „verfetten“, denn eine 60 kg schwere Frau, die Kreuzheben mit 120 kg macht ist relativ stärker als eine 65 kg schwere Frau mit höherem Körperfettanteil, die das gleiche Gewicht bewegt. In Bezug auf das Training liegt der Fokus auf dem stärker werden in den Grundübungen, sodass Powerlifter mit wenig Isolationsübungen und einigen Assistanceübungen für die Mainlifts auskommen und die Frequenz, in der die Grundübungen trainiert werden, relativ hoch ist. Hier findet man auch bei fortgeschrittenen Athleten oft noch Ganzkörperpläne, oft an vier oder sogar mehr Tagen pro Woche.

Nun kommen wir zurück zu der Angst vor schweren Gewichten, die dazu führt, dass viele Frauen Jahre lang trainieren ohne wirklich Erfolge zu erzielen und sich irgendwann völlig verzweifelt für viel Geld völlig überteuerte Trainingsprogramme irgendwelcher Fitness-Sternchen kaufen. Sich durch völlig überladene 3er Splits und Low Carb Diät auf 1200 Kalorien zu quälen, um irgendwann im besten Fall ihren vermeintlichen Traumkörper und im schlimmsten Fall eine Essstörung zu bekommen, sollte hier nicht Sinn der Sache sein.

schweres Training für Frauen am Latzug
Wir Frauen haben von Natur aus einen wesentlich niedrigeren Testosteronspiegel als Männer, was bedeutet, dass unser natürliches Potential zum Muskelaufbau viel geringer ist. Während Männer im Schnitt auf naturaler Basis etwa 20 kg Muskelmasse aufbauen können, sind es bei uns Frauen im Schnitt gerade mal 10 kg. Hinzu kommt, dass man mit fortschreitendem Trainingsstand immer langsamer voran kommt. Während du als absoluter Anfänger sogar noch im Kaloriendefizit in begrenztem Maße Muskeln auf- und Fett abbauen kannst, wird es mit der Zeit immer schwerer, stärker und auch muskulöser zu werden. Die wenigsten Hobbysportler werden jemals an ihr genetisches Limit stoßen, was den Muskelaufbau betrifft.

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Fazit

Leider ist das Bild davon, was ohne Doping möglich ist, durch die heutige Fitnessbranche sehr verzerrt. Es wird viel BroScience weitergegeben. Viele trainieren jahrelang ineffiziente Splits und kommen trotz Clean Eating mit Hähnchen-Reis-Brokkoli-Diät nicht weiter und geben auf oder greifen selbst als Hobbysportler zu verbotenen Hilfsmitteln. Auch viele Fitnessmodels, die nicht mal besonders viel Muskelmasse haben, aber das ganze Jahr über mit einer top Form gesegnet zu sein scheinen, helfen diesbezüglich nach. Erinnern wir uns daran, dass gerade wir Frauen von der Natur nicht dafür geschaffen sind, dauerhaft mit einem extrem niedrigen Körperfettanteil durch die Gegend zu laufen. Wer einem derartigen Idealbild nacheifert wird eventuell schnell den Spaß am Sport verlieren. Hier fällt mir ein schöner Spruch ein, dem auch in inzwischen Ich nur zustimmen kann:

„Work out to see what your body is capable of, not to change how it looks.“

Je eher wir lernen, unsere Körper zu lieben und zu respektieren, desto eher werden wir unsere Ziele erreichen, ob sie nun beim Bodybuilding oder Powerlifting oder ganz woanders liegen.

Ich hoffe, ich konnte einige Unklarheiten beseitigen und vor allem vielen Frauen die Angst vor schwerem Training nehmen.
Für mehr Motivation könnt ihr mir gern auf Instagram folgen:
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Letzte Aktualisierung am 27.07.2024 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API