In meinem nächsten Artikel habe ich mir vorgenommen, über meine Sichtweisen auf das Leben als Powerlifter zu schreiben. Es handelt sich wieder um keine wissenschaftlichen Fakten, sondern um einen Bericht aus meiner Perspektive. Manch einer wird das Thema seltsam finden, der andere wird sich darin wiederfinden. Einige werden mir inhaltlich Recht geben, andere werden anderes vielleicht anders kennen oder anders sehen. Es ist nun mal meine subjektive Sichtweise. Für mich ist Powerlifting jedensfalls zum Lebensinhalt geworden.

Ich gehöre zu der Sorte von Powerliftern, die den Sport nicht nur 2-3x die Woche zum Spaß ausübt, sondern darin mehr sehen. Trainingsplanung, die passende Ernährung, der Kontakt mit anderen Athleten auch außerhalb von Wettkämpfen und Trainingseinheiten sind für mich an der Tagesordnung. Manch einer wird diese Hingabe für übertrieben und maßlos halten, viele werden sich aber auch hier wiederfinden. Der geneigte Kritiker wird sich denken, dass diese armen Schweine doch für nichts anderes mehr Zeit haben, als für ihren Sport.

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Powerlifting – Training und Alltag

Genau das ist aber in keinster Weise so. Klar kann und muss zum Teil viel Zeit für Training im Powerlifting aufbringen, um hier erfolgreich sein zu können. Jedoch ist es kein Sport, der tägliches stundenlanges Training erfordert. Viele Powerlifter, die ich kenne haben Familie, Beruf und auch das ein oder andere Hobby. Ich kenne mehr als einen sehr erfolgreichen Athleten, der auch beruflich sehr erfolgreich ist. Damit einhergehend kann man im Beruf natürlich aber auch sehr eingebunden sein. Nichtsdestotrotz schaffen es diese Athleten, auch im Sport international erfolgreich zu sein. Ich finde sogar, dass beruflicher und sportlicher Erfolg in gewisser Weise miteinander in Verbindung stehen. Der zielstrebige und ehrgeizige Charakter verhelfen in beidem zum Erfolg, in allen Lebenslagen wird nach Verbesserung und Fortschritt gestrebt. Egal ob normale Arbeitszeiten oder Schichtdienst, Schule, Uni oder Dienstreisen, es ist alles mit der richtigen Planung und Organisation möglich. Viele Powerlifter sind auch geliebte Familienväter und -mütter und bleiben dennoch aktiv und erfolgreich in ihrem Sport. Gerade die vielen verschiedenen positive Aspekte des Lebens beflügeln einen in meinen Augen noch mehr im Vorankommen im Sport, andererseits auch umgekehrt, indem sportliche Erfolge in anderen Belangen Auftrieb geben. Die Zufriedenheit und das Glücksgefühl nach erfolgreichen Wettkämpfen oder gar nur nach einem tollen Training wird hier hoffentlich so gut wie jeder kennen.

Für mich bedeutet Powerlifting in gewisser Weise einen sinnvollen roten Faden im Privatleben. Berufliche und familiäre/private Angelegenheiten sind wie eben beschrieben bei mir und anderen wichtige Bestandteile im Leben, auch mich beflügelt die Zeit für den Sport in den anderen Bereichen des Lebens.

Man steht morgens auf und spürt erstmal die Knochen und verspannten Muskeln als Ausfluss der letzten Trainingseinheit- wer kennt das nicht? Dennoch freut man sich schon auf die nächste Einheit am Abend. Man hat hierfür den Plan im Kopf, man plant seine Leistungen und Arbeitssätze. Auch die Ernährung spielt eine Rolle, bei dem einen mehr, bei dem anderen weniger. Ich glaube aber, dass gerade die erfolgreichen Powerlifter hier schon sehr drauf achten, was und wie viel sie essen. In gewisser Weise bin ich auch der Meinung, dass bei fast allen Powerliftern eine gewisse „Futter-Angst“ besteht. Bekomme ich genug? Habe ich genug Energie beim Training? Kann ich mit der Ernährung fit bleiben und gut regenerieren? Tendentiell neigen viele Powerlifter dazu, eher zu viel zu essen. Gutes und reichhaltiges Essen gehört einfach zu dem Sport dazu, ich denke hier werden mir die wenigsten widersprechen. Ich persönlich gehöre auch zu den Athleten, die schon fast panisch ihre Mahlzeiten planen und vorbereiten, gerade wenn man den Tag über unterwegs ist und keine Küche zur Verfügung hat. Kaum ein ernsthafter Athlet wird sorglos ohne Verpflegung aus dem Haus gehen behaupte ich sogar.

Feste Rituale gehören dazu

starker Mann sitzend Vorbereitung BankdrückenDas Training selbst ist für viele ein Ritual mit genauen Vorstellungen und spezifischen Verhaltensweisen. Viele werden ihre Lieblingszeiten zum Training, ihre bevorzugten Trainingspartner, ihre Aufwärmrituale und sonstiges haben. Man kommt ins Training und weiß, was man heute an Trainingsumfängen, Leistungen u.ä. bringen will. Für viele gehört auch die passende Musik dazu. Monotones Pop-Gedudel oder entspannende Jazz-Musik gehört dabei eher selten zur bevorzugten Auswahl bei Powerliftern.

Man kann hier natürlich nicht verallgemeinern, aber bei vielen steht Heavy Metal, Metalcore, Hardcore und ähnliche laute Musikrichtungen recht hoch im Kurs, vor allem wenn es ums Training oder um Wettkämpfe geht. Hier gibt es natürlich individuelle Unterschiede, Hauptsache die Musik wirkt auf einen motivierend, und gerade diesen Aspekt halte ich nicht für zu unterschätzen wichtig. Mein Freund Andy Elvis Dörner bevorzugt beispielsweise Party-Hits, hier ertönt bei einem schweren Kniebeugeversuch gerne mal „Heute fährt die 18 bis nach Istanbul…“. Er hat hier wie viele andere gewisse Songs, bei denen er mental die höchsten Leistungen abrufen kann.

Ich schaue mir privat auch gerne mal ein Fußballspiel im Fernsehen an. Was hier auffällt sind ständige Fouls, Provokationen, es kommt zur Ausschreitungen etc. Deutschland beliebteste Sportler zeichnen sich in meinen Augen nicht immer durch vorbildliches Verhalten aus.

Ich persönlich habe nie eine größere Fairness und Kameradschaft als im Powerlifting erlebt. Das mag vielleicht auch an der kleinen Powerlifting-Gemeinde liegen – es geht in der Regel familiär bei den Wettkämpfen zu und man kennt sich untereinander – jedoch gehört diese Verhaltensweise für mich auch zum Powerlifting-Lifestyle. Ich habe in 8 Jahren Wettkämpfen fast kein unsportliches Verhalten erlebt. Es wird taktiert, es wird gepokert und es werden Risiken eingegangen, aber das war es dann auch. Gegner teilen sich die Stange zum aufwärmen, man unterstützt sich gegenseitig beim Anziehen von Equipment oder sonstigem und gibt sich immer die Hand. Es entwickeln sich Freundschaften und zum Teile regelrechte „Bruderschaften“. Die Stimmung unter den Athleten ist fast immer einmalig gut, der Spaßfaktor ist meistens sehr hoch.

Ich habe mal die kritische Sichtweise eines Trainierenden in einem Fitnessstudio gehört, der selbst auch die Kraftdreikampf-Disziplinen trainiert, jedoch an keinen Wettkampf teilnehmen wolle, da er die Powerlifting-Szene zu verbissen und fanatisch fände. Gerade das sehe ich nicht so, denn in meinen Augen sind die meisten Powerlifter sehr offen und tolerant. Neue Athleten werden immer gerne empfangen und ich kann auch deshlab jedem, der schon mit dem Gedanken gespielt hat, die Teilnahme an Wettkämpfen empfehlen. Verbissenheit in Bezug auf die Verbesserung der eigenen Leistungen würde ich hier eher als Motivation und Ehrgeiz beschreiben, Fanatismus sehe ich überhaupt nicht gegeben. Da gibt es sicher andere Sportarten und Bewegungen mit solchen Tendenzen.

Das zu meinen Ansichten über den Lifestyle Powerlifting, verallgemeinern lässt sich wie gesagt hier nichts aber vielleicht finden sich doch einige in meinen Ausführungen wieder. Bleibt stark und werdet stärker!