Dieser Artikel soll als Grundlage dienen (für all diejenigen, die schon Grundlagen-Kenntnisse in Bezug auf die Funktionelle Trainingsplanerstellung haben, für Neueinsteiger ist es weniger geeignet), zu zeigen, inwiefern man durch bestimmtes Wissen Trainingspläne gestalten und analysieren kann. Es geht hierbei aber um die Anwendung von diesen Kenntnissen bzw. Annahmen, nicht um die Kenntnisse selbst.

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Was ist mit „funktionelle Trainingsplanerstellung“ gemeint?

Der Begriff „funktionell“ wird in Bezug auf Krafttraining meist im Sinne von alltagstauglich verwendet, d.h. funktionell sind solche Übungen, deren Bewegungen komplex/frei sind und im Alltag auftreten. Beispiele dazu wären Kniebeugen, Kreuzheben, Klimmzüge, Dips, usw… Dies meine ich an dieser Stelle aber nicht! Ich meine den Begriff mehr im wörtlichen Sinne, also die Überprüfung des Trainingsplans und dessen Übungen nach den Funktionen der zu trainierenden Muskeln. Das mag sich jetzt vielleicht kompliziert anhören, ist im Grunde genommen aber relativ simpel. Im Folgenden werde ich beschreiben, wie man einen TP nach diesen Kriterien erstellen/untersuchen kann, vorher gehe aber noch auf die Bewegungen bzw. Anatomie ein. Ich versuche es kurz zu halten, was aber gar nicht so einfach ist, wenn man es verständlich erklären will.

Buchtipp „funktionelle Trainingsplanerstellung“

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Grundlagen: Bewegungen und Anatomie

Wie viele von euch sicherlich wissen, haben Muskeln mehrere Funktionen. Dabei sind zwar einige Funktionen wichtiger als andere, aber von Haupt- und Nebenfunktionen zu sprechen, wäre trotzdem relativ grob. Wir wollen an der Stelle aber keine genauen Bewegungsanalysen mit Muskelzuordnungen, sondern einfache Sachverhalte. Also konzentrieren wir uns auf die Bewegungen und ordnen diesen ggf. die Muskeln zu, nicht andersherum. Um die Angelegenheit so einfach wie möglich darzustellen, betrachten wir hier nur das Schulter- und Ellbogengelenk.

Das Schultergelenk wird aus dem Oberarmknochen und der Gelenkpfanne des Schulterblatts gebildet, wenn eine Bewegung im Schultergelenk statt findet, wird der Oberarmknochen also in dieser Pfanne bewegt. Die Anteversion (=Beugung) ist das nach vorne heben Oberarms, die Retroversion (=Streckung) das nach hinten heben des Oberarms. Die Adduktion ist das seitliche Annähern des Oberarms zum Körper, die Abduktion das seitliche Abspreizen des Oberarms vom Körper. Dies sind 4 von 8 Bewegungen, die im Schultergelenk möglich sind. Allen gemeinsam ist die erwähnte Bewegung des Oberarms. Diese 4 Begriffe versteht ihr vielleicht noch nicht wirklich, das wird sich aber im Laufe des Textes klären.

Das Ellbogengelenk ist von den Bewegungen her viel einfacher, denn es sind nur noch 4 Bewegungen möglich, davon sind jetzt 2 für uns relevant. Einmal die Beugung und anschließend die Streckung. Dies wird euch wohl bekannter sein, als die Bewegungen im Schultergelenk und ihr könntet diesen Bewegungen wohl schon die Muskeln zuordnen. Das wollen wir aber noch gar nicht tun, auch wenn es hier einfach wäre.

Schauen wir uns einfach mal ein paar Übungen an:

Frontheben

Engbankdrücken

Wenn ich fragen würde, welche Gemeinsamkeiten sind zwischen Frontheben und Engbankdrücken, würde ich wahrscheinlich hören: „Naja, so ähnlich sind die sich doch gar nicht, das eine ist eine Schulterübung, die andere ist vorrangig für den Trizeps„.

Wir sind aber jetzt schlauer, wir ignorieren die beanspruchten Muskeln und konzentrieren uns auf die Bewegungen. Die zu stellende Frage lautet immer: Was passiert in den Gelenken? Ok, schauen wir uns mal das Frontheben an, der Arm wird nach vorn geführt, richtig, das ist die eben erwähnte Anteversion, also eine Bewegung im Schultergelenk. Was passier im Ellbogengelenk? Nichts, korrekt. Gut, gehen wir zum Engbankdrücken: Ellbogengelenk? Klare Sache, der Unterarm wird gestreckt, => Streckung im Ellbogengelenk. Schultergelenk? Oh, das ist schon schwerer, was macht der da bloß? Stellt euch den Typen bei der Übung vor, wenn sein Unterarm abgeschnitten ist, er führt den Oberarm nach oben. Nun stellt den Typen gerade hin, jetzt wird der Oberarm noch vorne geführt (Anteversion), es ist im Schultergelenk also dieselbe Bewegung, der Unterschied ist nur, dass im Ellbogengelenk gestreckt wird.

Wenn man eine Bewegung verstehen will, schaut man sich also erstmal an, über welche Gelenke die Übung geht, dann kann man die Bewegung leicht zuordnen. Wichtig ist aber noch die ROM (Range of Motion). Stellt euch hin und macht einfach mal die Fronthebe-Bewegung. Dabei stoppt ihr an der Horizontalen. Die Anteversion geht aber noch weiter, man kann den Oberarm noch über die Horizontale heben, bis er senkrecht steht. Außerdem gibt es noch einen Teil der Bewegung vor dem Frontheben. Wenn ihr von dessen Ausgangsposition den Arm wieder zurückführt, geht das noch weiter, bis er fast waagerecht nach hinten gestreckt ist. Wenn man von hier wieder zurück in die Ausgangsposition des Fronthebens geht (wieder eine Anteversion), macht man im Schultergelenk dasselbe wie bei den engen Dips (mit aufrechtem Oberkörper), dabei wird nur noch im Ellbogengelenk gestreckt, probiert’s mal an der nächsten Bettkante aus, ihr werdet es sehen…

So kann man bei jeder Bewegung verfahren, die Retroversion, also die Rückführung des Oberarms ist genau das Gegenteil: Sie beginnt in der Position, wo die Überzüge anfangen und endet dort, wo die Dips anfangen. In der Regel wird bei den meisten Übungen aber nicht der ganze Bewegungsradius ausgeschöpft, sondern nur ein Teil. Rudern wäre zB eine Retroversion, aber man führt nur den mittleren Teil aus, bei den Überzügen den Anfang. Schaut euch diese Übungen mal an:

Kh-Rudern

Überzüge

enge Klimmzüge

Bei allen 3 Übungen wird der Oberarm zurückgeführt, es wird überall also eine Retroversion gemacht.

  • Position 1: O-Arme sind über den Kopf ausgestreckt, bilden mit dem Rumpf eine Linie
  • Position 2: O-Arme stehen im rechten Winkel zum Körper nach vorne
  • Position 3: O-Arme befinden sich neben dem Körper
  • Position 4: O-Arme stehen fast im rechten Winkel nach hinten

Würde man von Position 1 zu 4 gehen, würde man die komplette Retroversion ausführen. Von 1 zu 2 wäre der Überzug, von 2 zu 3 das Rudern. Dabei kann man evtl. den Arm noch etwas weiter zurückführen. Bis zu 4 geht aber eigentlich fast keine Übung, außer bei den Kickbacks im Stehen hält man den Arm in einer solch ähnlichen Position und bei den Dips beginnt man dort.

Wir ihr seht, führt man bei den engen Klimmzügen einen größeren Bewegungsradius aus, man geht von Position 1 zu 3. Von den Bewegungen her macht man also prinzipiell Überzüge und Rudern, natürlich gibt es aber nicht exakt dieselbe Muskelbelastung, da kommen noch viele ander Faktoren hinzu. Deshalb kann man auch nicht sagen, dass durch enge Klimmzüge UG die Überzüge überflüssig werden, denn bei letzterem ist der Punkt der Belastungsspitze in Position 1, bei den ersterem ist es Position 2.

Dies kann man auf jede Bewegung übertragen. Nun wird hoffentlich auch klar, dass Klimmzüge eng im Untergriff nicht dasselbe wie Klimmzüge breit im Obergriff ist, bei letzteren macht man eine Adduktion, also das seitliche Annähern des Oberarms zum Körper. Bei dieser Bewegung und dem Gegenteil, der Abduktion, gibt es nur es nur 3 Positionen: Oben, Mitte und Unten.

Klimmzüge breit, eine Adduktion

Seitheben, eine Abduktion

Seitheben ist eine eingelenkige Übung, die Bewegung findet nur im Schutergelenk statt, man könnte daraus eine mehrgelenkige Übung machen, indem man die Arme beugt, dann hat man aufrechtes Rudern. Dies ist überall möglich, aus jeder Eingelenkigen kann eine mehrgelenkige Übung gemacht werden und andersherum.

Anwendung dieser Grundlagen auf die Trainingsplanerstellung

Bevor ich auf eine TP-Erstellung eingehe, möchte ich noch kurz das dynamische Training dem statischen gegenüberstellen.
Wir reden hier von funktionellem Training. Muskeln haben Bewegungen als Funktionen , die durch Kontraktion ausgeführt werden, wir wollen diese also auch trainieren. Insofern ist statisches Training weniger sinnvoll. Es wird doch nur in einem Winkel trainiert, wodurch es nicht nur zu einseitigen Kraftentwicklungen kommen wird, sondern da in verschieden Bewegungsabschnitten auch teilweise verschiede Muskeln arbeiten, trainieren wir die Muskulatur einseitig. Zudem wirkt sich statisches Training nicht gerade positiv auf die Durchblutung und damit auf die Leistung aus. Die Sache ist nur die, dass oftmals Muskeln statisch trainiert werden, wenn alle denken, es sei dynamisches Training. Bestes Beispiel ist der Rückenstrecker. Kreuzheben und Hyperextension sind (solange der Rücken gerade bleibt) für den Rückenstrecker statische Belastungen. Der Rückenstrecker bildet zwar mit den Bauchmuskeln die Rumpfmuskulatur, die auch im Alltag stabilisieren muss, ein optimales Training, wäre es dennoch nur in dynamischer Form. Die beiden genannten Übungen weisen jedoch allgemein nicht die Nachteile eines statischen Trainings auf, da sie ja selbst dynamisch sind, nur eben nicht in den Wirbelgelenken. Insofern ist Kreuzheben eine Top-Übung für den Beinbereich, der Rückenstrecker stabilisiert die Bewegung stark. Beinheben belastet den Bauch übrigens auch nur statisch, der Hüftbeuger arbeitet hier dynamisch (was in manchen Fällen negative Folgen haben kann), genau wie bei den Sit-Ups. Crunches und Crunches reverse (oder eine Kombination dieser Übungen) sind hingegen dynamisch und zudem ungefährlicher.

Das war jetzt einiges an Theorie, wir wollen diese jetzt praktisch anwenden. Die zu stellende Frage lautet: „Wie muss ich einen Muskel trainieren, damit er wächst?“. Die meisten würden wahrscheinlich antworten: “ Na ganz einfach, den Muskel mit vielen Übungen möglichst bis zum Versagen zu trainieren“. So gehen wir hier aber nicht vor. Diese Technik basiert auf einer anderen Grundlage. Es gibt zwar keine allgemein beste Methode oder System, aber es klingt doch logisch zu sagen, ein Muskel wird sich dann am besten entwickeln, wenn so trainiert wird, dass alle seine wichtigen Funktionen zum Einsatz kommen. Und wie ich schon einmal erwähnt habe, haben die Muskeln i.d.R. mehrere wichtige Funktionen. Zur Verdeutlichung: Diese Annahme ist die zentrale Theorie, auf der ich diesen Thread aufbaue!

Sagen wir, wir trainieren in einem 2er-Split, wie sieht dann z.B. ein effektives Brusttraining aus?

Vielleicht so?

3 Sätze Bankdrücken

3 Sätze Schrägbankdrücken

3 Sätze Flys

Nein, nach diesem Methoden wäre dies ein nicht so sinnvolles Brusttraining! Schauen wir uns an, was der große Brustmuskel so alles kann:

  • transversale Adduktion
  • Adduktion
  • Anteversion
  • Retroversion
  • Innenrotation
  • (Abduktion)

Ok, das klingt jetzt gar nicht so einfach. Letzteres und das eingeklammerte daruner können wir im Brusttraining vernachlässigen, bleiben noch 4 Bewegungen. Als Erstes gucken wir überhaupt, welche Bewegungen wir in dem o.g. Plan integriert haben. Bankdrücken: Oben in der Animation sehen wir, dass die Oberarme senkrecht zum Körper zusammengeführt werden, die Unterarme interessieren uns im Moment nicht so sehr. Diese Bewegung heißt transversale Adduktion, eine der Bewegungen, die ich oben nicht erwähnt habe (aus Gründen der Einfachheit und Übersichtlichkeit). „Transversal“ bedeutet hier nichts anderes als horizontal, man stelle sich also eine horizontale Ebene vor dem Körper vor. Beim korrekten Bankdrücken sollte man aus gesundheitlichen Gründen ja nicht zu breit greifen, also kommt eine andere Bewegung noch etwas hinein, aber das ignorieren wir an dieser Stelle mal. Gehen wir zum Schrägbankdrücken. Hier können wir die Bewegung nicht so einfach erkennen. Es liegt ein bestimmter Neigungswinkel der Bank vor, beim Flachbankdrücken ist dieser 0°. Das andere Extremum wäre das Drücken mit 90°, dann wären wir beim Schulterdrücken. Wir machen also eine Mischbewegung aus Schulterdrücken und Flachbankdrücken. Wir haben dann durch das Flachbankdrücken wieder die transversale Adduktion drinne, das Schulterdrücken ist eine Abduktion (wie das Seitheben, also eine seitliche Abspreizung des Oberarms, nur macht man eine größere ROM als beim Seitheben und arbeitet mehr über der Horizontalen). Diese steht ist insgesamt aber keine wichtige Funktion des Muskels (deshalb in Klammern geschrieben), denn 1. führt sie nur der obere Teil aus und 2. nur ganz am Anfang, insofern ist Schrägbankdrücken nichts wirklich Neues. Zum Schluss die Flys. Hier ist es am Einfachsten. Man sieht förmlich, dass die Arme vor dem Körper zusammengeführt werden, also schon wieder eine transversale Adduktion, wir machen also das gleiche wie beim Bankdrücken, nur ohne den Trizeps. Wozu?? Diese Bewegung ist allgemein auf den ganzen Muskel bezogen auch seine Wichtigste Funktion, aber er hat noch weitere, und nach unserem Prinzip wollen wir diese einbringen, wir müssen unser Brust-Training also verändern.

Bankdrücken ist eine mehrgelenkige Übung, deshalb schmeißen wir mal die Flys raus (es ginge auch andersherum), Schrägbankdrücken können wir jetzt auch nicht gebrauchen. Uns bleibt diese Bewegung also einmal. Jetzt schauen wir uns wieder die Liste an, was könnte man noch einbringen? Adduktion, Anteversion und Retroversion. Noch 3 Übungen würde den Rahmen etwas sprengen im 2er-Split, wir wollen nur noch 2. Wir lassen jetzt mal die Retroversion bei Seite, da wir diese ohnehin beim Rückentraining 1-2 mal drin haben. Es reicht aber nicht, einfach alle Bewegungen mit hinein zu nehmen, sondern wir müssen uns das so konstruieren, dass die Brust ein Maximum an Arbeit verrichtet, sonst nützt die ganze Sache nicht viel.

Schauen wir uns die Adduktion an. Was war das noch gleich? Ach ja, das seitliche Annähern des Oberarms zum Körper. Hmm, fällt uns eine Übung ein, wo das gemacht wird? Ja, die Klimmzüge. Nur sind Klimmzüge eine Brustübung? Auch wenn die Brust arbeitet macht der Latissimus uns noch zu viel. Also gucken wir mal im Netz, was wir unter Brust und Adduktion finden. Nach kurzem Gesuche auf der Seite, wo die Übungsanimationen herstammen, finden wir mehr Infos. Die Brust ist bei der Adduktion besonders bei innenrotiertem Schultergelenk aktiv. Innenrotiert ist der Oberarm dann, wenn der Bizeps bei aufrechtem Oberkörper eher nach unten zeigt, dabei ist der Oberarmknochen im Schultergelenk nach innen gedreht. Eine gut passende Möglichkeit wäre Cable Cross, nur machen wir hier oftmals hauptsächlich eine transversale Adduktion, wie bei den Flys. Wenn wir uns gerade hinstellen würden und die Kabel seitlich runterziehen hätten wir eine Adduktion. Insofern machen wir doch eine Mischung aus beidem, das würde für die untere Brust doch die Top-Übung sein, eine strikte Adduktion geht zu sehr auf den Latissimus (im Lat-Training ist der Oberarm auch außenrotiert, also im Schultergelenk nach außen gedreht). Wir beugen uns also nur leicht vor und ziehen die Kabel relativ tief vor dem Körper zusammen. Dann haben wir eine neue Funktion eingebracht und noch etwas die Hauptfunktion dazu genommen.

So, jetzt wollen wir noch die Anteversion einbringen. Dabei arbeitet der obere Teil der Brust je nach Bewegungsabnschnitt mehr als der Rest. Beim Frontheben hat man zB am Ende der Bewegung nur noch die obere Brust drin, würde man höher gehen, macht die Brust nichts mehr. Ist ja auch logisch, wenn die Brust auch die Gegenbewegung, die Retroversion macht, dabei senkt sie entsprechend (etwas mehr mit dem unteren Anteil) bis zur Horizontalen. Wir wollen also an den Anfang der Anteversion gehen und da gibt es nur eine Übung, die in Frage kommt, welche eben auch schon mal erwähnt wurde: Die Dips! Eine Top-Übung für den Oberkörper, zudem sehr komplex. Wichtig ist, dass wir uns nicht nach vorne beugen und die Oberarme relativ eng am Körper liegen. Für Anfänger gibt es oft auch Dipmaschinen. Hier können wir auch wieder die Anteversion schön deutlich erkennen, die der Typ macht, er führt den Oberarm nach vorne.

Also hätten wir als Brustübungen im Split:

  • Dips
  • Bankdrücken
  • Cable Cross

Die Dips kommen zuerst, da sie die komplexeste Übung darstellen. Cable Cross wie gesagt nicht zu stark vorgebeugt und mit eher tiefer Kabelführung.

So kann man mit jedem Muskel verfahren und das ist auch gar nicht so aufwendig, die Brust war sogar einer der schwierigsten Fälle. Wenn man sich zB mal den Latissimus anschaut, gibt es nur 2 relevante Funktionen: Adduktion und Retroversion. Wir machen also erstmal breite Klimmzüge und hauen uns dann ein schönes Rudern rein. Danach würde im 2er-Split noch Lat-Ziehen eng im Untergriff einbauen, die Retroversion haben wir zwar schon beim Rudern, aber man macht 1. einen größeren Teil der Bewegung (hat eine größere ROM), 2. haben wir eine andere Belastungsspitze und 3. müssen wir das Volumen entsprechend anpassen und 2 Übungen wären etwas mager. Außerdem ist es ein nettes Bizepstraining. Wenn wir hier schon von Bizepstraining reden, können wir uns den ja auch mal anschauen. Er macht die Beugung und Supination (Handflächen nach oben drehen) im Ellbogengelenk. Also sollten, wenn wir curlen, die Handflächen nach oben gedreht sein, oder vielleicht sogar aktiv nach oben gedreht werden. Es macht aber keinen Sinn hier 3 Curl-Übungen hintereinander auszuführen, denn es sind ja alle dieselben Bewegungen. Wir achten also beim Rückentraining darauf, den Bizeps schon mit einzubeziehen, also auch Lat-Ziehen im Untergriff zu machen, dann reicht am Ende eine Curl-Übung, wobei selbst die oftmals auch nicht nötig ist.

Wenn man jedoch bei jedem Muskel wie bei der Brust verfahren würde, bekäme man ein ziemlich hohes Volumen, das wollen wir ja nicht, insofern muss man schon abwägen, inwiefern man diese Bewegungen schon bei anderen Übungen macht, wir brauchen sie nicht 10x mal zu machen. Aber nur, wenn wir dauerhaft alle Bewegungen und alle Abschnitte einer Bewegung im Plan haben, können wir gleichmäßig trainieren. Ich denke, jetzt dürfte auch klar sein, warum es hiernach keinen Sinn macht Front- und Nackendrücken in einer Trainingseinheit zu machen, mal abgesehen davon, dass Nackendrücken gesundheitlich betrachtet sowieso nicht so toll ist, auch wenn man hier eine, wie bei keiner anderen Übung, allgemeine Deltabeanspruchung hat.

Jetzt poste ich mal 2 Beispiele von Plänen, wie sie nach diesem Prinzip aussehen können:

1) GK-TP:

Kniebeugen 3x
Beincurls 2x
Klimmzüge OG 3x
Rudern UG 3x
Dips 3x
Bankdrücken 3x
Schulterdrücken 2x
Crunches 2x

2) 2er-Split

TE1:
Kniebeugen 3x
Beinpressen 3x
Beincurls 2x
Wadenheben 2x
Dips 3x
Bankdrücken 3x
Cable Cross 2x
Trizepsdrücken 2x
Superman 3x

TE2:

Klimmzüge OG 3x
T-Bar Rudern 3x
Lat-Ziehen UG 3x
Frontdrücken 3x
Seitheben 2x
Rudern breit (90°) 2x
SZ-Curls 3x
Crunches reverse 3x
Crunches schräg 2x

Wenn ihr den Text aufmerksam gelesen habt, wundert ihr euch jetzt eventuell, warum ich Kniebeugen und Beinpressen in einem Plan habe, wo die beiden Übung sich von den Bewegung doch sehr stark ähneln. Nun, das liegt einfach daran, dass der Quadrizeps nur eine wirkliche Funktion hat (außer einer der 4 Köpfe, aber das können wir beiseite lassen) und wir ihn doch auch so wie die anderen Muskeln trainieren wollen, außerdem kann man bei den Beinpressen relativ sicher ans Muskelversagen gehen, wobei Kniebeugen doch eine sehr komplexe Übung sind. Hinzu kommt noch, dass es ansonsten keine wirkliche Übung dafür gibt, Beinstrecken ist für das Knie nicht der Hit und Kreuzheben wäre ja auch ähnlich, nur dass die Hüftstreckung mehr betont wird.

GK vs. Split

Wie ihr vielleicht schon mitbekommen habt, bin ich nicht so der Fan von Splits, zumindest nicht von Höheren. Oftmals wird Ganzkörpertraining als Anfängertraining abgeschrieben und nach einer Einführungszeit höchstens alle paar Jahre nach Trainingspausen wieder aufgegriffen. Ich habe da eine gänzlich andere Einstellung. Die Regeneration eines Muskels wird oftmals überschätzt, sie beträgt oft 2 Tage, keineswegs 7 Tage, deshalb verstehe ich nicht, warum so viele immer nur 3er und 4er Splits anwenden. Die haben sich das vielleicht von Profis abgeschaut, die ihr ganzes Leben nach BB richten können, also optimale Ernährung, Erholung und Regenerationsmöglichkeiten. Dazu kommen noch ein paar nicht legale Mittelchen und dem 7x Training in der Woche steht nichts mehr im Wege. In dieser Welt befinden wir uns aber nicht. Auch wenn Krafttraining für viele von uns einen hohen Stellenwert im Leben hat, kann die Masse so nicht trainieren. Das Problem bei einem 3er-Split liegt mMn darin, dass man bei 3x die Woche Training jeden Muskel nur 1x die Woche belastet. Vergleicht man das jetzt mit den Regenerationszeiten, so stelle ich fest, dass dies suboptimal ist. Wir können aber auch nicht 6x die Woche trainieren, denn das ZNS (=zentrales Nervensystem) wird bei jedem Training belastet und das braucht auch Erholung, was bei 6x die Woche und normalem Leben schwer wird. Bei einem 2er-Split oder GK-Training schaffen wir es aber mit 3-4 TEs die Woche, jeden Muskel 2-3 mal die Woche zu belasten ohne das ZNS zu überlasten. Und wenn man es richtig anstellt, kann man im GK-Training die einzelnen Muskeln ebenso auspowern wie im Split. Sicher sind die Anpassungsreaktionen je nach Person individuell, aber dies tut der Sache ja nicht viel ab. Trotzdem führe auch ich Splits aus, der Grund dafür liegt in der Periodisierung, und auf diese werde ich jetzt auch noch im Hinblick auf das Thread-Thema eingehen.

Periodisierung des Training

Der Begriff Periodisierung geht in letzter Zeit stark im Netz herum, mittlerweile dürfte wohl fast jeder seine Bedeutung kennen. Eine Definition spare ich mir also an dieser Stelle, außerdem gibt es ja schon einen Thread im Archiv dazu. Ich will euch nur noch mal ein paar Anregungen geben.

Eine klassische Methode ist die Einteilung in 3 Mikrozyklen (Hypertrophie, Maximalkraft und Kraftausdauer) mit entsprechenden Wiederholungszahlen, die dann zusammen einen Makrozyklus ergeben. Dies tritt auch in manchen Trainingssystemen auf, die man auch in die Periodisierung einfließen lassen kann. Die wohl populärsten Systeme sind HIT und HST. Ersteres versucht mit intensivem und kurzem Training die Muskeln zum Wachstum anzuregen, letzteres beruht auf wissenschaftlichen Annahmen. Beim Dual-Factor Training hat man eine Loading Phase, in der man mit Intensität bzw. Volumen etwas übertreibt und danach eine extensivere Deloading Phase. Diese Zyklen werden mehrfach abwechselnd hintereinander ausgeführt. Interessant ist mMn auch das holistische Training, das Hatfield System. Dabei wird angenommen, dass die unterschiedlichen Strukturen eines Muskeln auf unterschiedliche Belastungen reagieren, insofern werden diese innerhalb eines Trainings verwirklicht, also 2 Sätze MK, 2 Sätze HT und 2 Sätze KA. Und es gibt noch viele weitere Systeme… Dauerhaft kann man sich da also gut bedienen, diese kann man dann mit klassischen Split- oder GK-Plänen abwechseln, je nachdem, was einem so passt.

Andererseits kann man auch mit den Split-Aufteilungen mal abwechseln, zB bei einem 2er-Split:

1) TE1: Brust/Schulter/Trizeps/Bauch
TE2: Beine/Rücken/Bizeps

2) TE1: Beine/Brust/Trizeps
TE2: Rücken/Schulter/Bizeps/Bauch

Dies sind die beiden klassischen Aufteilungen, wobei Bizeps und Trizeps auch manchmal getauscht werden. Ich finde 2) am besten geeignet, weil Rücken und Schulter für mich in eine TE gehören, aber das muss jeder für sich selbst herausfinden.

3) Der Up-Down Split:

TE1: Rücken/Brust/Schulter/Trizeps/Bizeps
TE2: Beinbereich/Rumpfmuskulatur

4) Trennung aller Bewegungen im Schultergelenk vom Rest:

TE1: Rücken/Brust/Schulter
TE2: Beine/Trizeps/Bizeps/Rumpfmuskulatur

Oder was haltet ihr von einem GK mit Schwerpunkt? Also man hat ein Grundgerüst von zB 5-6 Übungen (am besten komplexe Übungen natürlich) und macht 3 TEs die Woche. Jeder TE schiebt man einen Schwerpunkt zu (zB TE1: Beine, TE2: Brust/Schulter, TE3: Rücken) und macht dann in der entsprechenden TE 2-3 Übungen mehr für die geplante Muskelgruppe.

Dies soll nur noch mal betonen, wie viele Möglichkeiten es zur Periodisierung gibt, alleine schon mit Aufteilungen. Darüber hinaus kann man Übungen auswechseln, Trainingsparameter tauschen, Intensitätstechniken anwenden, mal nur Komplexübungen durchführen, mal mit Maschinen arbeiten, mal schwerpunktsmäßig Kabelzüge verwenden, mehr komplexe BWEs einbauen, einseitige Übungsausführungen, die Schnellkraft trainieren, plyometrische Übungen, 2 GK-Pläne abwechselnd durchführen, Zirkeltraining, Pyramidensystem einbauen, usw… All diese Kombinationen ergeben sehr viele Möglichkeiten einer sinnvollen Periodisierung. Ein beliebte Intensitätstechnik sind zu Recht die Supersätze.

Supersatz Trainingspläne

Supersätze sind eine Intensitätstechnik, bei der man 2 Sätze verschiedener Übungen ohne Pause aneinander reiht. Wir haben also einen Satz von Übung A, führen diesen aus und direkt im Anschluss folgt ein Satz von Übung B. Wenn man ganz hart ist, kann man auch nach dem Satz von Übung B direkt einen von Übung A wieder anschließen. Wichtig ist, dass man die Gewichte/Maschinen/… so vorbereitet hat, dass man direkt von A nach B ohne Umstecken übergehen kann. Am meisten angewendet werden folgende 2 Typen: der antagonistische Supersatz und der synergistische Supersatz. Bei ersterem sind Übung A und B Übungen, die jeweils Gegenbewegungen darstellen, bei letzterem sind es Bewegungen die ähnliche bzw. dieselbe Muskulatur ansprechen. Ich persönlich bevorzuge den antagonistischen Supersatz. Auf diesen werde ich jetzt auch nur eingehen, nicht wegen der persönlichen Zuneigung, sondern wegen dem Thema Funktionalität. Vorab noch der Lesetipp „EMOM – für Bodybuilder und Kraftsportler“ ein Trainingssystem im Supersatzstil.

Wie gesagt, wir wollen Gegenmuskeln trainieren. Gegenmuskeln sind aber nicht unbedingt Muskeln, die sich gegenüberliegen, wie oftmals angenommen wird, z.B. sind der Latissimus und der große Brustmuskel auf viele Funktionen bezogen keine Gegenmuskeln. Hier fällt schon der Begriff „Funktionen“. Gegenmuskeln sind also jene Muskeln, die die jeweilige Gegenbewegung durchführen. Die Gegenbewegung von Anteversion ist die Retroversion, von Adduktion die Abduktion, usw… Also ist der Gegenmuskel von der Brust nicht allgemein der Rücken, sondern der Muskel/die Muskeln die die Gegenbewegungen zu seinen Hauptfunktionen durchführen, das ist hier in den meisten Hinsichten der hintere Delta. Aber wir arbeiten ja nicht mit Muskelzuordnungen, sondern mit Bewegungen, da spielt die beanspruchte Muskulatur also eine untergeordnete Rolle.

Bevor wir aber Gegenbewegungen durchführen, brauchen wir überhaupt erstmal eine Bewegung bzw. eine Übung, von der wie diese bestimmen können. Supersätze bieten dadurch, dass die Pausenzeiten verkürzt werden bzw. dass jede 2. Pause wegfällt den Vorteil eines kürzeren Trainings. Da wir immer noch komplex trainieren wollen nehmen wir dementsprechend komplexe Übungen. Diese beiden Aspekte kann man gut mit einem GK-TP kombinieren, also fangen wir mal an.

Bei den Beinen machen wir im GK-Training idR 2 Übungen, das soll hier nicht anders sein. Einmal natürlich die Kniebeugen. Dabei strecken wir in der Hüfte und in den Knien. Also sollten wir bei der Gegenbewegung irgendwo beugen. In der Hüfte zu beugen wäre dann aber zB Beinheben, aber da muss der Bauch viel stabilisieren, sodass wir die eigentliche Hüftbeugung nicht optimal trainieren können. Außerdem neigt der Hüftbeuger (=der Lenden-Darmbein-Muskel) schnell zur Verkürzung und das kann üble WS-Schmerzen und eine Fehlhaltung mit sich ziehen, also bleiben wir beim Beugen im Kniegelenk. Hier kommen einem natürlich die Beincurls als erstes in den Sinn. Da die Muskeln dafür bei den wesentlich komplexeren Kniebeugen aber auch schon beansprucht werden und die Übung stärker isoliert, können wir hier auch einen Satz weniger machen. Wenn wir beim Oberkörper von komplexen Übungen reden, stehen natürlich Klimmzüge und Dips ganz oben auf der Liste. Die breiten Klimmzüge im OG waren ja eine Adduktion, wie oben schon beschrieben, also brauchen wir für den Supersatz eine Abduktion.

Seitheben käme in Frage, aber Klimmzüge sind mehrgelenkig, Seitheben nicht. Also machen wir aus Seitheben eine mehrgelenkige Übung und erhalten aufrecht Rudern. Das wäre eine Möglichkeit, die andere wäre Schulterdrücken, das ist auch eine Abduktion, nur ist der Bewegungsbereich teilweise etwas anders und vor allem ist dieser größer. Klimmzüge haben auch eine recht große ROM, also würde Klimmzüge/Schulterdrücken doch schon mal passen und man muss bedenken, dass wir hier im Ellbogengelenk strecken, also auch das Gegenteil von den Klimmzügen, wobei man beim aufrechten Rudern beugt. Dann hatten wir die Dips. Enge, korrekt ausgeführte, Dips sind eine Anteversion, also nehmen wir als Gegenbewegung die Retroversion. Rudern käme hier in Frage, vielleicht sogar im Untergriff, denn bei den Dips haben wir eine starke Trizeps-Beanspruchung, mit dem UG können wir nämlich den Bizeps mehr fordern. Ich nehme aber T-Bar Rudern an dieser Stelle, da ist der UG nicht so einfach zu realisieren, trotzdem haben die Geräte oft Griffe, die in Richtung Hammergriff gehen, also kein Problem, das genügt dem Bizeps schon. Dann nehmen wir Bankdrücken, eine transversale Adduktion, wir machen zum Supersatz eine transversale Abduktion, am besten mit Beugung im Ellbogengelenk. Gibt es so etwas? Natürlich, zB breites Rudern oder breites Bankziehen. Wenn der Oberarm 90° vom Körper abgespreizt ist, führen wir diese auf der Horizontalen (also auf der Ebene, die senkrecht zum Körper steht) auseinander. Butterfly reverse o.Ä. wäre auch solch eine Bewegung, aber es gibt dort keine Beugung des Unterarms. Am Ende wollen wir unsere Rumpfmuskulatur noch etwas trainieren. Da wir dynamisch trainieren, kommen hier Crunches und Superman zB in Frage, natürlich auch im Supersatz.

funktioneller & Synergistischer Beispielplan

Kniebeugen/Beincurls 3x
Dips/T-Bar Rudern 3x
Lat-Ziehen OG/Schulterdrücken 3x
Bankdrücken/Rudern 90° 3x
Crunches/Superman 2x

Wenn man mit Supersätzen trainiert, ist eine gute Grundlagenausdauer sehr hilfreich, denn durch die wenigen Pausen (und wie hier im Plan vielen Komplexübungen) kommt man ganz schön ins Schwitzen. Einerseits ist also Ausdauer von Nöten, andererseits wird sie dadurch aber natürlich auch mehr als im herkömmlichen Krafttraining trainiert. Wichtig ist, dass man solche Pläne in intensiven Formen nicht dauerhaft macht, sondern zwischendurch einschiebt, denn dieses Training ist hart und braucht oftmals anschließend eine etwas ruhigere Phase.


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