Im folgenden Interview berichtet der Paleo Coach Christian Kollitsch über seinen Lebenswandel.

Er gibt Informationen zu seiner Ernährungsumstellung und stellt sich Fragen im Bezug auf Paleo, Muskelaufbau, ein besseres Wohlbefinden und seine Zukunftspläne.

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Wie bist du zur Paleo Diät gekommen?

Als ich Anfang Mitte zwanzig war, hatte ich sehr stark mit Heuschnupfen zu tun. Eine Kollegin empfahl mir, meine Ernährung umzustellen, um den Darm zu entlasten, das „Herz“ des Immunsystems. Zunächst ließ ich auf ihre Empfehlung Milchprodukte und später auch Getreide weg vom Speiseplan. Tatsächlich veränderte sich meine Pollenallergie zum Positiven. Es war verrückt!

Fortan interessierte mich das Thema Ernährung auch aus gesundheitlicher Sicht und nicht nur bezüglich des Themas Training, wie vorher. Ich fing an mich für die Zusammenhänge zu interessieren, für Zellgesundheit, den Darm, Sporternährung, orthomolekulare Medizin usw.

Hängengeblieben bin ich dann bei der Paleo Diät, die 2011 noch keine große Nummer in Deutschland war. Aber man konnte schon damals spüren, dass es größer werden würde!

Schließlich wurde ich Ernährungsberater und leitete Menschen in Ernährungsgruppen zu ihrem Wunschgewicht oder zu mehr Fitness und Gesundheit. Das ist Teil meiner Arbeit heute.

Wann isst Du über den Tag hinweg und was?

Seit Jahren mache ich intermittierendes Fasten (IF). Das bedeutet, ich esse meist zwischen 14-16 Stunden gar nichts. Das ist für mich keine große Herausforderung, im Gegenteil, es fühlt sich für mich natürlich an.

Morgens gibt es Kaffee und gut. Um die Mittagszeit esse ich dann das erste Mal eine ausgewogene Mahlzeit. Zur Zeit oft vegetarisch oder pflanzlich also Gemüse, Salate, Obst, Eier, Nüsse, Kartoffeln oder auch Reis. Am Abend esse ich dann erneut eine Mahlzeit oft mit Proteinen, Gemüse der Saison, gesunden Fetten und Beilagen im Sinne der Paleo Ernährung.

Interview Paleo Coach Christian Kollitsch

Ich esse aktuell nicht mehr zu 100 % Paleo, sondern bin „Paleo-Flexitarier“ geworden (lach). Ich hatte irgendwann das Gefühl, nicht mehr jeden Tag Fleisch essen zu wollen, auch wenn ich da sehr auf die Qualität achte. An fleischfreien Tagen esse ich dann wahlweise Fisch, Eier oder auch zuvor fermentierte oder gewässerte Hülsenfrüchte, wie z.B. grüne Erbsen oder Kichererbsen. Aktuell fühlt sich diese Art der Ernährung sehr gut für mich an.

Nimmst Du Nahrungsergänzungsmittel ein? Wenn ja, welche?

Wenn ich intensiv trainiere, also ein ganzes Wochenende oder fast täglich in der Woche, was in Phasen wo ich selber Workshops besuche und/oder viele Kurse gebe, öfter vorkommt, ergänze ich meine Mahlzeiten mit Collagen Protein. Dazu nehme ich dann auch ein paar BCAA´s zur verbesserten Muskel- und Faszienregeneration.

Der Körper benötigt dann viel Protein, dass ich über meinen Ernährungsplan nicht vollständig zuführe. Regelmäßig nehme ich noch Omega-3 Fettsäuren, einen Vitamin B-Komplex, Vitamin D und K (nur im Winter) und ab und zu Vitamin C als Ergänzung ein. Zudem teste ich gerade die Wirkung von CBD-Öl auf meine Regeneration.

Hast Du irgendwelche festen Trainings-Routinen? Wenn ja, welche? Wenn nein, wie sieht dein Training aktuell aus?

Bewegung und Sport nehmen schon immer eine wesentliche Rolle in meinem Leben ein. Als Physiotherapeut und Gruppentrainer habe ich damit jeden Tag beruflich zu tun. Seitdem ich sechzehn bin, betreibe ich schon Fitnesstraining. Ich war damals ein echter Hardgainer, konnte aber schnell 5-10 kg Masse aufbauen (von 65 kg auf später 75 kg).

Dann ging es aber nicht mehr weiter. Ich denke ich habe lange Jahre leider sehr einseitig trainiert. Die Basis war meist Training an Sequenzgeräten im Hypertrophiebereich mit 8-12 Wiederholungen damals. Dazu noch Bankdrücken und Klimmzüge wenn es hochkam. Alles in allem nicht sehr variabel, aber ich wusste es nicht besser damals.

Jahre später, hat sich das allmählich geändert. Mit Anfang zwanzig habe ich mit Kickboxen begonnen und das sehr lange betrieben. Mit Ende zwanzig habe ich mich dann für viele Dinge „geöffnet“.

Freies Training, Funktionelles Training und Bewegung oder neudeutsch „Movement“ spielen heute die Hauptrolle in meinem Training, sowie in meiner Arbeit als Physiotherapeut. Außerdem bewege mich derzeit viel in der Natur und genieße die Zeit im Grünen dabei ganz bewusst.

Bodyweight Training im Wald oder Park bieten mir eine sehr abwechslungsreiche Trainingserfahrung (abhängig von Wetter, Boden, Umgebung, Jahreszeit).

Dazu werden ein bis zweimal die Langhantel und Kettlebells geschwungen. Zusammenfassend würde ich mein Training heute als viel kreativer und freier bezeichnen. Zum Ausgleich mache ich außerdem seit einem Jahr Aikido, das mir sehr viel Energie gibt.

Wie hat sich die Paleo Ernährung auf dein Training ausgewirkt?

Die Paleo Ernährung bildete lange den Grundstein meiner Ernährungsweise. In Sachen Kraftausdauer und Leistung im Allgemeinen habe ich mit der Paleo Diät keine Einbußen erlebt, sei es im Kampfsport oder Krafttraining. Zudem war mein Körperfettanteil meist unter 17 %.

In Stressphasen, die das Leben und auch der Job manchmal mit sich bringen, habe ich dann allerdings die verbrauchten Kalorien nicht ausgleichen können, so dass ich irgendwann entschieden habe, die Paleo Diät für mich zu lockern. Ich habe dann „Cheat Days“ eingebaut und später die Paleo Diät so modifiziert, wie ich es schon beschrieben habe.

Paleo ist für mich keine Religion, sondern vielmehr ein individueller Weg. Um diesen Weg für sich zu finden, ist es wichtig Erfahrungen mit „echten“ Nahrungsmitteln zu sammeln, also natürliche Nahrungsmittel zu verwenden, zu kochen und auch auf bestimmte Dinge einmal zu verzichten.

Ich wünsche mir, dass noch viele andere Menschen sich auf den Weg machen, um diese Erfahrungen zu sammeln.

Was tust du aktiv für deine Regeneration?

Neben dem Thema Bewegung und Ernährung sehe ich das Thema Regeneration für einen gesunden Lebensstil und Erfolg im Training als essentiell an. Das Thema der richtigen Erholung wird von den allermeisten Menschen immer noch deutlich unterschätzt. Zumindest von den Menschen, die sich erst seit kurzem mit dem Thema Trainings beschäftigen.

Eine Trainingsbelastung ohne anschließende Erholungsphase führt zu keiner Veränderung bzw. ohne Regeneration kein Muskelaufbau!

Für mich ist es von entscheidender Bedeutung in der Nacht mindestens 7-8 Stunden zu schlafen. So kann der Körper genug Wachstumshormone ausschütten. Der Taktgeber sollte aber immer die eigene „innere Uhr“ sein. Wichtig ist nachts ein gutes Raumklima um die 16-18 °C.

Zudem ist es sinnvoll sich etwas am natürlichen Tag- Nacht-Rhytmus zu orientieren. Das heißt zur Ruhe kommen, wenn es dunkel wird und aktiv werden wenn die Sonne aufgeht. Schlafhygiene ist echt enorm wertvoll. Was super funktioniert für mich ist, Kerzenlicht anstatt Lampen am Abend einzusetzen.

Außerdem nutze ich aktiv Wärmeanwendungen wie Rotlicht, welche die Muskeldurchblutung und den Stoffwechsel verbessern. Interessanterweise löst Kälte noch einen viel besseren Effekt aus. Durch Kälteanwendungen werden im Körper Botenstoffe (z.B. Irisin) ausgeschüttet, die das Muskelwachstum direkt positiv beeinflussen.

Interview mit dem Paleo Coach Christian Kollitsch

Eine kalte Dusche oder ein Bad im Eiswasser fördern also den Muskelaufbau direkt.

Was hat sich durch den Paleo Lebensstil in deinem Leben am meisten verändert?

Nun durch Paleo hat sich mein ganzes Leben geändert.

Ich habe das Thema Ernährung quasi „studiert“ und mir dabei viele Facetten in Bezug auf Gesundheit und Fitness angeschaut. Ich habe Prinzip Paleo gegründet und meinen Erfahrungen und den Erfahrungen vieler anderer Menschen eine Plattform gegeben.

Ich denke ich habe durch das Bloggen und Schreiben bereits viele Menschen erreichen können und sie zum Nachdenken bringen können. Das ist eine großartige Sache! Ich habe nach und nach mein Berufsleben erweitert, vom Physiotherapeuten und Trainer zum Ernährungsberater, Redner, Workshop-Leiter und Autor.

Wie ich schon erzählt habe, konnte ich durch den Paleo-Lebensstil meinen Heuschnupfen besiegen. Über diesen Erfolg habe ich sogar einen Ratgeber geschrieben, der darüber hinaus wissenschaftlich fundierte Ernährungsempfehlungen gibt. Darauf bin ich ein kleines bisschen stolz!

Was sind 5 Bücher, die Du den Lesern gerne weiterempfehlen möchtest? Welche Bücher haben Dich in den letzten Jahren sehr geprägt?

Das Buch hat mir sehr anschaulich klar gemacht, wie man sein Leben ausrichten sollte, um erfolgreich und glücklich zu werden. Es hat noch lange bei mir nachgeklungen. Man kann es super mehrfach lesen und seine Lehren fürs Business und das gesamte Leben daraus ziehen.

Ein sehr spannendes Thema wie ich finde, dass der Autor hier mit seiner eigenen Theorie dazu anschaulich darstellt. Wenn man sich für Anatomie, Evolution und Biologie interessiert ist dieses Buch ein echter Schmöker. Ich habe beim Lesen sehr viel gelernt. (Leider nur noch gebraucht zu bekommen).

Ein Buch, das allen Betroffenen Hoffnung gibt und die Paleo Idee untermauert. Aus der Praxis für die Praxis geschrieben, ist das vorgestellte Programm sehr nachvollziehbar und Grundlage für das in der Paleo Szene bekannte Autoimmunprotokoll.

Der Trainer, den Jürgen Klinsmann nach Deutschland geholt hat, hat meine Sicht auf Training und Therapie grundlegend geändert mit diesem Buch. Ein echtes Standardwerk für jeden, der mit Sportlern oder auch Patienten arbeitet.

Entweder man liebt sie oder man hasst sie. In meinem Fall war es damals Liebe auf den ersten Blick. Der Autor ist eine Legende in der Kettlebell Szene und sein Schreibstil ist berühmt berüchtigt. Im englischen Original sind auch seine anderen Bücher sehr informativ und unterhaltsam.

Wem würdest du die Paleo Diät uneingeschränkt empfehlen?  Welche Personengruppen kommen für die Paleo Diät nicht in Frage?

Ich denke, dass hängt sehr stark von den persönlichen Zielen einer Person und den Ressourcen dieser Person ab. Was meine ich damit?

Jeder Mensch hat unterschiedliche Voraussetzungen und Möglichkeiten. Jemanden, der sich extrem schlecht ernährt, wenig Willen und Interesse zeigt, würde ich keine radikale Ernährungsumstellung empfehlen.

Jemand der allerdings bereits interessiert am Thema ist, positive Erfahrungen mit gesunder Ernährung erlebt hat und den Willen zur Veränderung mitbringt, ist bei der Paleo Diät gut aufgehoben.

Dann gibt es da noch die Menschen mit gesundheitlichen Problemen und/oder Krankheiten. Hier hat die Paleo Ernährung bei diversen Beschwerdebildern positive Ergebnisse erzielt. Besonders im Bereich der Autoimmun- und Zivilisationskrankheiten gibt es teilweise erstaunliche Erfolge.

Kann man mit Paleo Muskelaufbau betreiben?

Ja es geht, ist aber zunächst etwas aufwendiger in Sachen Vorbereitung.

Wenn du einen Muskelaufbau mit Paleo erreichen willst, gilt es ganz allgemein auf die Gesamtmenge der Kalorien zu achten. Sobald du ca. 300-500 kcal pro Tag mehr zu dir nimmst als bisher, richtig trainierst und regenerierst, wirst du auch mittel- bis langfristig Muskeln aufbauen.

Jeder Mensch muss selber entscheiden, welchen „Preis“ er oder sie bereit ist zu zahlen. Aus meiner Sicht macht es Sinn die Kohlenhydrate in jedem Fall vorsichtig zu dosieren, auch wenn sie sich sehr gut eignen, um Muskelaufbau zu betreiben. Am Ende des Tages kann es vor allem gesünder sein mit der Paleo Diät Muskeln aufzubauen, als mit einer durchschnittlichen („High-Carb“) Muskeldiät.

Welche Sportler haben dich beeindruckt und warum?

Mich haben als Jugendlicher vor allem deutsche Boxer wie Henry Maske oder Axel Schulz beeindruckt. Später dann auch Kampfkünstler und Martial Artists wie Jean Claude Van Damme, Buakaw Banchamek, Jackie Chan oder Bruce Lee. Am Kampfsport hat mich immer die Kunst dahinter und die fernöstliche Philosophie fasziniert.

Daneben waren diese Persönlichkeiten alle sehr gut in Form und durchtrainiert.

Irgendwann habe ich dann angefangen mit dem Kickboxen und gelernt, dass auch hier Willenskraft, Disziplin, Fleiß und Hingabe erforderlich sind, um erfolgreich zu sein. Der Respekt in dieser Szene ist bei den allermeisten Kampfsportlern sehr hoch. In der UFC, der bekanntesten Mixed Martial Arts (MMA) Liga der Welt, sieht man heute was möglich ist, wenn Talent auf die besten Trainer der Welt treffen.

Bei aller Härte im Ring, herrscht bei den meisten Kontrahenten neben der Rivalität auch der gebürtige Respekt für den Gegner. Das finde ich nach wie vor anziehend. Leider wird die Show, ähnlich wie im Boxen drumherum immer größer.

Jeder kennt heute Conor McGregor, der zwar ein begnadeter Kampfsportler ist, aber auch durch seine Worte abseits des Rings sehr bekannt geworden ist. Dieses „Aufblasen“ ist zwar unterhaltend, manchmal aber etwas zu viel finde ich. Wobei McGregor das schon sehr clever macht (lach).

Welches berufliche Projekt liegt Dir aktuell besonders am Herzen?

Mein aktuelles Herzensprojekt sind die Paleo Retreats (www.paleoretreat.de). Diese biete ich seit 2018 an mit dem Ziel, Menschen neben der Vermittlung von Wissen ein „echtes“ Erlebnis mit Gleichgesinnten an einem tollen Ort, zu verschaffen. Es macht mir unheimlich viel Spaß, mit offenen und aufmerksamen Menschen in Kontakt zu kommen, ihnen meine Sicht der Dinge zu vorzustellen und zu diskutieren. Auch ich nehme an so einem Wochenende viel mit.

Letztes Jahr fand das Paleo Retreat im Ober-Harz statt und es ging es um das Thema Intermittierendes Fasten. Dieses Jahr geht es an die Nordsee und erneut in den Harz. Über das Jahr sind drei Paleo Retreats geplant: Natürliche Bewegung (Essential Movement), Waldbaden und Detoxing. Das sind alles Themen, die mich seit Jahren begleiten und über die ich viel berichten und erfahrbar machen kann.

Dieses Jahr nehme ich auch noch andere Speaker und Trainerkollegen mit. So werden die Paleo Retreats noch reichhaltiger und spannender für die Teilnehmer. Ich bin schon echt gespannt drauf! Und Martin, vielleicht machen wir demnächst mal ein gemeinsames Retreat? Das wäre mit Sicherheit eine tolle Sache!

Letzte Aktualisierung am 27.07.2024 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API